Gleich unter der Haut erzählt die Geschichte von Lou und Niklas, zwei jungen Menschen, die den Wunsch teilen, alles hinter sich zu lassen. Ein Roman über all das Ungesagte, das sie in ihrem Innern gefangen hält. Über das, was man nicht sehen möchte. Ein Roman, der seine Leser:innen miterleben lässt, wie schnell die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen und jeder Einzelne durch die äußeren Umstände zum Mörder werden kann.
Auszüge aus dem Roman:
»Die meisten Menschen wissen gar nicht, wie still die Welt sein kann.«
Es dämmert, am Himmel haben sich riesige Wolkenberge gebildet. Sie leuchten in verschiedenen Farben – rötlich, gelb, rosa, violett –, bilden Türme, wandern ein Stück weiter, setzen sich neu zusammen. Schön sieht es aus, wie ein abstraktes Gemälde. Und da kommt sie, ich gehe ihr entgegen, zeige zum Himmel, zu den Farben, die sich immer mehr vermischen. Sie blickt nach oben, hält einen Moment inne. »Ja, es sieht schön aus. Aber dann, irgendwann, merkst du, dass all das Schöne gar nicht wirklich existiert, sondern es nur ein paar Regenwolken sind, die sich sofort wieder auflösen.«
Mittlerweile weiß ich, wie sich ihre Zunge anfühlt, mittlerweile kenne ich den leicht salzigen Geschmack ihrer Lippen, und ich mag es, dass wir uns immer vertrauter sind, beinahe so, als seien wir ein Paar, als würden wir uns schon ewig kennen – nicht nur in meiner Fantasie, sondern auch in der Realität.
Dabei rennt sie ein paar Schritte nach vorn, dreht sich um, läuft rückwärts, lässt ihre Arme schwingen, bewegt sie neben ihrem Körper, macht große Kreise. Glücklich sieht sie aus in diesem Moment und unbeschwert. Ich möchte mir das Bild einprägen, um es immer wieder betrachten zu können: Lou in langen Reihen brauner Erde. Ocker, Sepia, Senf, nach oben hin Grün. Später fängt es an zu regnen. Lou mit Tropfen auf der Stirn und leuchtenden Augen von dem Licht, das durch die Bäume scheint.
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© Berthe Obermanns 2022